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Der Huf

Anatomie

Per Definition versteht man unter dem Huf eines Pferdes die Hornkaspel welche das Zehenendglied (Hufbein) umschließt, sowie alle sich darin befindenden Gewebe und Strukturen. Dazu gehören sowohl Sehnen, Bänder und Knochen, als auch Synoviale Einrichtungen wie der Hufrollenschleimbeutel.

Der Huf selbst ist kein starres, sondern ein elastisches und in gewissem Maße verformbares Gebilde. Für ein besseres Verständnis was tatsächlich in einem Huf vor sich geht, ist es wichtig einige grundlegende Strukturen zu kennen.


Knochen

Von außen lässt sich der Fesselkopf mit der Hand leicht ertasten. Dieser liegt am Fesselgelenk, welches das Fesselbein mit dem Röhrbein verbindet. Es handelt sich dabei um ein Scharniergelenk, welches Drehungen verhindert und als Stoßdämpfer dient. Der Fesselkopf kann sich unter Belastung Richtung Boden absenken, um die Strukturen oberhalb des Gelenks vor den Stößen zu schützen.

Unterhalb des Fesselbeins liegt das Kronbein, welches durch das Krongelenk verbunden ist. Der kurze Knochen des Kronbeins reicht bis in die Hornkapsel des Hufes und hat die Aufgabe Erschütterungen bei der Bewegung des Pferdes zu absorbieren. Auffallend sind auch die unebenen Enden des Knochens. Sie dienen dazu, dass sich der Huf von einer Seite zur anderen drehen kann. Das ist besonders wichtig, wenn sich das Pferd auf unebenen Untergründen bewegt.

Der unterste Knochen im Pferdehuf ist das Hufbein, dieses ähnelt den Endgliedern der menschlichen Hand. Der Knochen ist hufförmig und durch die Strecksehne und die tiefe Beugesehne in der Hornkapsel aufgehängt, was eine effektive Stoßdämpfung ermöglicht.

Das Hufgelenk, welches das Kronbein und das Hufbein verbindet, ist ein Sattelgelenk. Es lässt sowohl Beugung und Streckung als auch leicht kippende Bewegungen zu, was es dem Pferd ermöglicht bei Bewegungen auch über die Mitte des Hufes zu brechen.

Der kleinste Knochen im Pferdehuf ist das Strahlbein. Es liegt am Hufgelenk und dient als Umlenkrolle für die tiefe Beugesehne. Zudem schützt es das Hufgelenk auch vor einer Überbeweglichkeit.



Abbildung 2: Innenansicht des Pferdebeins [5]

Sehnen

Im Pferdehuf befinden sich die Strecksehne, die oberflächliche und die tiefe Beugesehne. Die Beugesehnen dienen der Beugung des Fesselgelenks und der Zehe über das Hufbein. Zudem hat ihr Gewebe einen hohen elastischen Anteil, zur Speicherung und Abgabe von Dehnungsenergie. Die Dehnungsenergie tritt auf, wenn der Huf belastet wird und die Beugesehnen gedehnt werden um die auftretenden Kräfte abzufangen.

Die Strecksehne dient hingegen nur als Zehenstrecker und hat keine stoßdämpfenden Eigenschaften, dementsprechend hat sie weniger elastische Fasern.

















Abbildung 3: Äußere Strukturen des Pferdebeins [5]


Trachten

Als Trachten wird der hintere Bereich der Hufwand bezeichnet, er liegt unterhalb des Ballens und bildet zusammen mit dem Strahl eine stützende Tragfläche. Der Strahl selbst ist dabei eine hochelastische keilförmige Masse, die normalerweise den Boden berührt und die Reibung des Hufes erhöht, damit dieser nicht rutscht.

Im hinteren Bereich des Hufes befindet sich ebenfalls der Ballen. Er besteht aus einem weicheren Gewebe und umschließt das Ballenpolster, welches auch Hufkissen genannt wird. Das Ballenpolster hat ein elastisches Gewebe und ist einer der wichtigsten Stoßdämpfer des Hufes. Unter Belastung wird es komprimiert und dehnt sich nach der Belastung wieder aus. Dadurch wird zudem Blut in den Huf gepumpt, um diesen mit Nährstoffen zu versorgen.

[1]

Hufmechanik

Anders als es auf den ersten Blick vermuten lässt, ist der Huf kein starres Gebilde sondern verändert seine Form je nach Belastung. Diese Formveränderung unter Belastung ist im Allgemeinen als Hufmechanismus bekannt. Er dient nicht nur der Stoßdämpfung, sondern auch der Nährstoffversorgung des Hufes und hat somit Einfluss auf das Hufwachstum.




Abbildung 4: Veränderung der Hufform unter Belastung [2]

Wenn der Huf mit Gewicht belastet wird, wird der Druck durch die Knochen auf die Hufwand, das Ballenpolster und den Strahl übertragen. Der Strahl hat dabei Bodenkontakt und drückt so ebenfalls auf das Ballenpolster. Dieses flacht sich ab und drückt nach außen gegen die seitlichen Knorpel. Die Sohle wird ebenfalls abgeflacht und drückt die Stege der Wand auseinander. Wenn der Fuß angehoben wird, kehren der Strahl und andere flexible Strukturen des Fußes in ihre ursprüngliche Position zurück.

Durch den erhöhten Druck im Huf, wenn dieser belastet wird, und die Formveränderung des Ballenpolsters wird das Blut vom Fuß in das Pferdebein gepresst. Die Venen werden zusammengedrückt und weiten sich wieder, wenn der Huf angehoben wird. Wird die Kompression aufgehoben, fließt das Blut wieder in die Venen und in den Huf. Die Bewegung der Strukturen im Huf wirkt also wie eine Pumpe, wobei Bewegung die Blutzirkulation im Huf erhöht und so ein gutes Hufwachstum begünstigt. Bewegungsmangel, Trockenheit der Hornwand und schlechte Ernährung hingegen hemmen das Hufwachstum. [2]

Beschränkungen durch Hufeisen

Bei Wildpferden, welche unter natürlichen Bedingungen leben, liegt die Hornbildung mit dem Hornabrieb im Gleichgewicht. Durch Faktoren wie die Stallhaltung, die Beanspruchung durch den Menschen und der Untergrund, auf welchem sich die Pferde größtenteils bewegen, ist das Gleichgewicht gestört. Die Hufe brauchen einen zusätzlichen Schutz vor dem übermäßigen Abrieb des Horns. Am weitesten verbreitet ist das Hufeisen, doch durch mehrere Studien werden immer mehr Nachteile des Eisenbeschlags bekannt.

Die offensichtlichsten Punkte sind, dass das Aufbrennen des Eisens die Hufe austrocknet und somit brüchig macht. Die Nagelung zur Befestigung birgt nicht nur ein potenzielles Verletzungsrisiko, sondern öffnet auch die Hufkapsel, sodass Keime leichter in den Huf eindringen können.

Eine Studie von C.M. Colles hat bereits 1989 versucht mithilfe von Dehnmessstreifen (Sensoren) Differenzierungen in der Belastung von beschlagenen und unbeschlagenen Pferdehufen zu finden. Das Ergebnis war, dass durch den aufgenagelten Eisenbeschlag sowohl das Weiten der Hufwand eingeschränkt ist, als auch deren Flexion. Lediglich auf den Grad der Ausdehnung der Trachten hat das Eisen nur geringen Einfluss.

Die „U“-Form des Eisens bewirkt also, dass der Huf sich seitlich weniger ausdehnen kann. Die Stoßdämpfung durch die Kompression des Ballenpolsters findet statt, jedoch im geringeren Maße. Das kann dazu führen, dass die Pumpfunktion ebenfalls verringert stattfindet und der Huf mit weniger Blut und Nährstoffen versorgt wird. Auch kommt es dazu, dass sich der Strahl und die Trachten am beschlagenen Huf degenerieren und der Huf schwächer wird. Das Horn passt sich ebenfalls an den geringen Abrieb an und wird weicher, daher ist die Umstellung auf unbeschlagene Hufe immer mit einer längeren Schonzeit der Hufe verbunden. [3]

Doch nicht nur die Reaktion des Hufes auf den Boden wird verändert. Es wurde festgestellt, dass Pferde, die an Standardeisenbeschläge gewöhnt sind, auch signifikante Unterschiede in der Bewegung und Belastung der Beine aufweisen. Eine Studie von L. Roepstord et al. (1999) zeigte, dass die Hauptunterschiede zwischen unbeschlagenen und beschlagenen Pferden zwar die Aufprallphase des Hufes auf den Boden betrafen, aber auch während der Standphase und beim Abrollen signifikante Unterschiede aufgetreten sind.

Die maximale vertikale Bodenreaktionskraft war beim beschlagenen Huf erhöht, die Belastung der Vordergliedmaßen ist durch den Beschlag leicht erhöht. Obwohl es visuell nicht erkennbar war, wurde angenommen, dass die Pferde in der Studie aufgrund der harten Oberfläche Unbehagen verspürt haben [4].

Heutzutage steigen immer mehr Reiter auf Alternativen zum Hufeisen um. Das liegt zum einen daran, dass es immer mehr Studien zu den negativen Auswirkungen von Hufeisen gibt, aber auch daran, dass das Interesse an der Aufklärung über diese Themen immer größer wird.

Quellen:

1 Dr. Christina Fritz. Die Anatomie des Pferdes. München: Cadmos Verlag, 2015.

2 Robert C. McClure. “Functional Anatomy of the Horse foot”. In: Departement of Veterinary Anatomy (1999).

3 C. M Colles. “A technique for assessing hoof function in the horse”. In: EQUINE VETERINARY JOURNAL 21 (1989), S. 17-22

4 L. ROEPSTORF et al., “The effect of shoeing on kinetics and kinematics during the stance phase”. In: EQUINE VETERINARY JOURNAL 21 (1989), S. 17-22

5 npevet GmbH „Pferd: Huf“ https://www.enpevet.de/Lexicon/ShowArticle/41784/Huf


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